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Von Zürich nach Bielefeld: »Alice im Wunderland«

Nadja Loschky spricht über »Alice im Wunderland« und die Parallelen zwischen ihrer Inszenierung in Zürich und der Umsetzung bei uns.

ein ausgesprochen opulentes Kostümbild

Du hast Alice im Wunderland bereits an der Oper Zürich inszeniert. Wie kam es dazu, dass wir diese Inszenierung jetzt auch hier spielen?

Genau, ich habe die Kinder- bzw. die Familienoper Alice im Wunderland vor mehreren Jahren in Zürich inszeniert. Geprobt hatten wir das, als Corona zugeschlagen hat, darum konnte die Aufführung erst nicht stattfinden. Wir haben es dann zwei Jahre später rausgebracht und es war ein riesiges, tolles Spektakel. Ich fand das Stück von Anfang an sehr geeignet für die komplette Familie, und da es uns ein großes Anliegen ist, das Angebot für Familien noch zu erweitern, entstand der Plan, es auch in Bielefeld auf den Spielplan zu setzen.


Und wie lief daraufhin der Prozess ab, bis es auf dem Spielplan gelandet ist?

Ich habe Michael Heicks, meinem Intendanz-Kollegen, von meiner Idee erzählt, woraufhin er meinte: »Finde ich super, hol doch deine Inszenierung aus Zürich her.« Darüber hatte ich vorher noch gar nicht nachgedacht, es ging erstmal nur darum, das Stück nach Bielefeld zu bringen. Aber Michis Idee hat mich nicht mehr losgelassen Dabei war es erstmal eher abwegig, Zürich und Bielefeld kompatibel zu kriegen, da das Opernhaus Zürich viel größer ist. Der Transport des ganzen Bühnenbilds wäre quasi unmöglich, das würde auch gar nicht auf unsere Bühne passen.

Was aber möglich war, war die Kostüme aus Zürich zu leihen, also habe ich dort angefragt und bin auf positive Resonanz gestoßen.


Was macht die Kostüme denn aus?

Sie sind sehr märchenhaft und bildgewaltig. Wir starten im viktorianischen Zeitalter, in der Realität von Alice' Elternhaus, einer strengen, nüchternen und grauen Realität.. Und dann dreht es in diese Wunderland-Realität ab. Die Figuren morphen und alles wird bunt und groß. Es ist wirklich ein ausgesprochen opulentes Kostümbild. Das hätten wir in dieser Form hier gar nicht herstellen können. Unsere Abteilung ist fantastisch, aber natürlich viel kleiner als in Zürich. Auch das Budget, das uns für eine Neuproduktion zur Verfügung steht, ist deutlich geringer als dort. Daher hätten der finanzielle Rahmen und der Bedarf an Arbeitsstunden unsere Kapazitäten einfach überstiegen.


Wie lief die Kostümübergabe in dem Fall ab?

Ich habe in Zürich gefragt, ob wir die Kostüme eventuell ausleihen können. Als die Frage bejaht wurde, mussten wir eine Möglichkeit finden, die Leihgebühr, die unseren Etat bei weitem übersteigt, aufzubringen. Hier kam Dagmar Nowitzki ins Spiel, die uns mit ihrer Stiftung sehr großzügig unterstützt. Sie hatte sich den Trailer aus Zürich angeguckt und gesagt »Wow, das ist fantastisch. Ich möchte ermöglichen, dass das nach Bielefeld kommt«.

Wir leihen also die Kostüme und unsere Kostümabteilung ändert sie so, dass sie unserem Ensemble passen. Étienne Pluss hat einen adaptierten Entwurf des Bühnenbilds erarbeitet – sozusagen maßgeschneidert für die Bielefelder Bühne – und dann wird die Inszenierung, die im Kern gleich ist, mit unserem Ensemble in Bielefeld geprobt und zur Premiere gebracht.


Und du hast gesagt, die Produktion ist für die ganze Familie geeignet?

Absolut! Wir suchen ja immer nach Produktionen, die den Kinder- und Jugendbereich stärken. Es ist uns ein großes Anliegen, das Angebot auszubauen, auch im Musiktheater. Da bietet sich Alice im Wunderland einfach besonders an, von 6 bis 99 – oder natürlich auch drüber. Aber es bietet sich nicht nur für Familien an, auch für Schulklassen ist es toll.


Gibt es etwas, was dir besonders an der Umsetzung in Bielefeld gefällt?

Ja, zwei Besetzungen sind für mich eine Besonderheit. Zum einen betrifft das Kjell Brutscheid, der schon damals in Zürich die Grinsekatze gespielt hat. Ihn habe ich hier in Bielefeld kennengelernt, er war Teil des ersten Jahrgangs unseres Bielefelder Studios. Als die Planungen für Zürich liefen, habe ich ihn gefragt, ob er – nach dem Studio – Lust hat, mit mir nach Zürich zu kommen und die Grinsekatze zu spielen. Er war sofort begeistert, das war spartenübergreifend par excellence für ihn, und er hat das wirklich fantastisch gemacht. Und jetzt hat Kjell alles darangesetzt, sich von Drehterminen und anderem freizuschaufeln. Er meinte, wenn Alice im Wunderland jetzt nach Bielefeld kommt, möchte er unbedingt wieder dabei sein. Also ist er wieder mit an Bord, was total schön ist, weil es sozusagen den Kreis schließt – von Bielefeld nach Zürich und wieder zurück.

Zum anderen ist das Andrei Skliarenko. Den habe ich in Zürich bei Alice im Wunderland kennengelernt. Er war zu der Zeit dort im Opernstudio und hat bei dem Stück Zwiddeldei (oder Zwiddeldum? Ich verwechsele die beiden immer) und den Märzhasen gesungen. Ich fand Andrei sofort ganz toll auf der Bühne und habe ihn gefragt, wie es für ihn nach dem Opernstudio weitergeht, und ob er Lust hätte, nach Bielefeld ins Ensemble zu kommen. Er hat ein bisschen überlegt und kam dann zum Vorsingen, und jetzt ist er Teil des Ensembles, worüber wir uns sehr freuen. Und er wird nun in Alice im Wunderland auch wieder seine Rollen übernehmen.

Es gibt insgesamt also durchaus einige Berührungspunkte zwischen Zürich und Bielefeld.

 

 

Folgende Figurinen stammen aus dem Opernhaus Zürich
© Irina Spreckelmeyer

Die Figurinen

Kaninchen
Chor
Alice' Welt
Alice
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