Wilhelm Heiner
Interpreten klassischer Musik 1945 bis 1960
Der Bielefelder Bildhauer, Maler und Grafiker Wilhelm Heiner (1902 – 1965) beginnt nach dem Zweiten Weltkrieg seinen bedeutendsten Werkzyklus, rund 300 Musiker*innen- und Dirigentenporträts. 50 davon wurden 1948 Teil der städtischen Kunstsammlung und befinden sich heute in der Kunsthalle Bielefeld, weitere Werke sind in Privatbesitz und im Nachlass des Künstlers. Sie alle sind ein bedeutendes Zeugnis der Musik- und Kulturgeschichte in Bielefeld.
Heiner dokumentiert damit ab 1945 das unmittelbar und unter schwierigen Bedingungen nach dem Krieg in der Rudolf-Oetker-Halle wiederauflebende Konzertleben in Bielefeld.
Doch greift es zu kurz, die so entstandenen, großformatigen Kreidezeichnungen und Pastelle als reine Dokumente dieser Zeit zu sehen. Es sind eigenständige Kunstwerke, virtuos ausgeführt und in der Begeisterung für die Musik entstanden. Denn sie zeigen weniger ein Porträt der Dargestellten, vielmehr visualisieren sie nach den Worten des Kunsthistorikers Wulf Herzogenrath »Musik auf eine mit dem Interpreten verbundene eigenständige integrative Weise.«
Denn Heiners Absicht war es, in den Zeichnungen die Musik für den einfühlsamen Betrachtenden sichtbar, ja sogar hörbar zu machen. Durch die Titel der Blätter gibt er nicht nur Hinweise auf die Interpret*innen, sondern auch auf das gespielte Musikstück.
Heiner zeichnet dabei »vor Ort«. Die Blätter entstehen in der Rudolf-Oetker-Halle, wo der Künstler das Orchester von einem Seitenbalkon aus der Nähe erleben kann. Während Heiner die Musik hört, die Musiker*innen und Dirigenten sieht, zeichnet er impulsiv und in unmittelbarem Erleben der Musik. In ihrer vehementen Linienführung und farbigen Gestaltung entwickeln sie eine eigenständige Expressivität, dem Gehörten mit künstlerischen Mitteln nachspürend.
Diese Bildnisse sind Höhepunkte im Werk von Wilhelm Heiner und bedeutende Zeugnisse der künstlerischen Auseinandersetzung mit Musik in der Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts. Im Jahr 2018 wurde Wilhelm Heiner, der eine bedeutende Rolle im Kunstleben der Stadt Bielefeld gespielt hat, mit einer Retrospektive im Museum Peter August Böckstiegel geehrt.